EU bestätigt: Westsahara-Produkte sind als solche zu kennzeichnen
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Vor zwei Wochen kündigte die EU-Kommission an, dass Produkte aus der Westsahara entsprechend gekennzeichnet werden sollten, nur um diese Erklärung gleich am darauffolgenden Tag zurückzuziehen. Heute bekräftigte die Kommission ihren ursprünglichen Standpunkt.

Veröffentlicht 20. Februar 2020

"Alle eingeführten Produkte, einschließlich der aus der Westsahara stammenden, müssen den einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechen, einschließlich der Anforderung, genaue und nicht irreführende Angaben über das Ursprungs- oder Herkunftsland dieser Produkte zu machen, die in diesem Fall also 'Westsahara' sein müssen."

Das scheint nun die endgültige und maßgebliche Antwort von EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski in Bezug auf die Kennzeichnung von Produkten aus der letzten Kolonie in Afrikas zu sein. Hier. finden Sie das vollständige Antwortschreiben (auf Englisch). 

Die Erklärung ist identisch mit jener, die vor zwei Wochen auf eine parlamentarische Anfrage der Europaabgeordneten Heidi Hautala (Finnland, Grüne/EFA) abgegeben wurde. Aber diese schriftliche Antwort, wie sie auf der Website des Europäischen Parlaments veröffentlicht worden war, wurde nicht einmal 24 Stunden später zurückgezogen.

Als Reaktion auf diese bizarre Kette von Ereignissen erklärte die Europaabgeordnete Hautala: "Dies ist wirklich beispiellos, insbesondere für eine offizielle Antwort an das Parlament von der höchsten Ebene der Kommission. Offenbar wird die Kommission zu gegebener Zeit eine neue, vermeintlich 'richtige' Antwort geben. Ich bin gespannt, wie sie sich von der ersten Antwort unterscheiden wird."

Es stellte sich nun heraus, dass die "neue" Antwort tatsächlich die gleiche ist wie die erste Antwort.

"Glückwünsche sind angebracht", sagt Sara Eyckmans von Western Sahara Resource Watch (WSRW). "Es scheint, dass die Kommission ein neugefundenes Engagement für die korrekte Kennzeichnung der Herkunft von Produkten aus der besetzten Westsahara entdeckt hat. Wir hoffen aufrichtig, dass die Kommission auf diesem Weg zu einem rechtlich solideren Ansatz für die Westsahara weitergehen wird: Die Kommission erkennt eindeutig an, dass es sich bei dem Territorium nicht um Marokko handelt, so dass ein nächster Schritt darin bestünde, es von seinem Handelsabkommen mit Marokko auszuschließen."

Im Dezember 2016 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass das Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko nicht auf die Westsahara angewendet werden kann, da es ein von Marokko "gesondertes und unterschiedliches" Territorium ist. Die Westsahara, so der Gerichtshof, sei als drittes Territorium in den Handelsbeziehungen der EU mit Marokko zu betrachten. Als solches kann sie von diesen (Handels-)Beziehungen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Volkes der Westsahara rechtmäßig betroffen sein.

Um Marokko - das seine Beziehungen zur EU nach dem Urteil einfror - zu besänftigen, ging die EU schnell dazu über, eine Änderung des bestehenden Handelsabkommens mit Marokko auszuhandeln, um die Westsahara ausdrücklich einzuschließen. Das Volk der Westsahara wurde in keiner Phase des Verhandlungsprozesses miteinbezogen. Und in dem Versuch, die Illusion zu erwecken, dass die Zustimmung eingeholt worden sei, führte der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) Konsultationen durch, an denen nur marokkanische Einrichtungen teilnahmen, nachdem das Abkommen bereits unterzeichnet worden war. Die Behauptung des EAD, dass die von der UNO anerkannte Vertretung des Volkes der Westsahara, die Frente Poliario, konsultiert worden sei, erwies sich schnell als eine glatte Lüge. WSRW eingeschlossen, waren tatsächlich 83% der Gruppen, von denen die EU-Kommission behauptete, dass sie an einer "Konsultation" zum Westsahara-Handel teilgenommen hätten, entweder nie gebeten worden, an einem solchen Prozess teilzunehmen - oder sie hatten eine Teilnahme abgelehnt. 

Trotz des klaren Widerstands des Volkes der Westsahara - der sowohl durch die Polisario als auch durch Gruppen der sahrauischen Zivilgesellschaft zum Ausdruck gebracht wurde - gegen die Anwendung des Handelsabkommens zwischen der EU und Marokko auf den Teil ihres Landes, der von Marokko besetzt ist, wurde das Abkommen sowohl vom Europäischen Parlament als auch von den EU-Mitgliedstaaten gebilligt. 

Die Polisario leitete gegen das geänderte Handelsabkommen ein Verfahren vor dem EuGH ein (Rechtssache T-279/19 Frente Polisario gegen den Rat der Europäischen Union). Ein Urteil wird im Laufe dieses Jahres erwartet. 

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